WERKWANDEL 03/2023 Wissenschaft direkt darfsgerecht zu entwickeln. Und es fördert auch die Akzeptanz der Technik (u. a. Stowasser, Suchy et al. 2020). Eine wesentliche Maßnahme dieses partizipativen Ansatzes war die Prozess- und Anforderungsanalyse in den Pilotbereichen. Beschäftigte wurden gezielt auch nach ihren Herausforderungen und Unterstützungsbedarfen bei ihrer Tätigkeit befragt (Rusch et al. 2023). Ein speziell konzipierter ELSI+UX-Workshop mit den Beteiligten befasste sich mit möglichen ethischen, recht lichen und sozialen Auswirkungen des konzipierten KI-Systems. Die Abkürzung ELSI steht für »ethische, rechtliche und soziale Implikationen« — englisch: »Ethical, Legal and Social Issues«. Die Abkürzung UX steht für »User Experience«. Es geht darum, Betroffene zielgruppengerecht zu informieren und ihre Nutzererfahrung abzufragen. Im Anschluss erarbeitete man Strategien, um potenziell kritischen Auswirkungen der Technik entgegenzuwirken (Ottersböck et al. in Druck). Einzelne Funktionen und Charakteristika eines bereits entwickelten Demonstrators wurden den Beschäftigten vorgestellt und erläutert. Die Mitarbeitenden bewerteten die Nützlichkeit und Benutzerfreundlichkeit der Technik anonym auf Bewertungsbögen; darauf konnten sie in offenen Kommentaren auch Hinweise für Verbesserungsmöglichkeiten einbringen (Ottersböck et al. in Druck). Weitere Hinweise zu ELSI finden sich in dieser WERKWANDEL-Ausgabe unter »Frag das ifaa«. Auf dem aktuellen Stand halten In regelmäßigen Abständen informierten die Projektverantwortlichen das Pilotteam über die Ziele und den aktuellen Stand der Projektaktivitäten. Dafür nutzten sie verschiedene Kanäle — beispielsweise das Intranet, die Mitarbeiterzeitung sowie Betriebsveranstaltungen oder Informationsveranstaltungen in allen Arbeitsbereichen. Positives Feedback Die dargestellten Evaluationsergebnisse aus einem der Anwenderbetriebe zeigen eine insgesamt positive Bewertung des Projektziels und der Maßnahmen. Die Produktionsmitarbeitenden bewerteten den Einsatz eines KI-Assistenzsystems in den offenen Kommentaren als »nützlich«, »sinnvoll« und als »gute Idee«. Auch den bisherigen Projektverlauf schätzten sie als »gut« bis »sehr gut« ein. Sie bemängelten lediglich, dass praktische Erfahrungen fehlen. 15 von 17 Beschäftigten fühlten sich sehr gut über das Projekt informiert. Fazit: Die getroffenen Maßnahmen haben eine gute Informationsbasis geschaffen (siehe folgende Abbildung). Die positive Einstellung der Beschäftigten zum Projekt und den bislang durchgeführten Maßnahmen äußert sich zusätzlich durch ihre aktive Beteiligung am Projektgeschehen, ihr positives direktes Feedback auf dem Shopfloor und ihre Offenheit zum Austausch über das Projekt. Wie bewerten Sie das Vorhaben im Projekt KI_eeper, ein digitales Assistenzsystem für die Arbeit an der Aufnahmestation der OFT zu entwickeln? Wie beurteilen Sie den bisherigen Verlauf des Projektes KI_eeper? 4 7 10 13 N = 17 sehr gut gut eher schlecht schlecht N = 17 Auszug aus der Evaluation (Die Abkürzung OFT steht für Oberflächentechnik.) 46
WERKWANDEL 02/2023 Erfolgskriterien und Handlungsempfehlungen für die Praxis ›› Kommunikation von Beginn an (idealerweise in der Sprache der Beschäftigten). ›› Mitarbeitervertretung sofort einbeziehen. ›› Mit Projektverantwortlichen Konzepte und Informationsmaterialien planen und durchsprechen — gemeinsam prüfen, ob zum Beispiel Infomaterialien für alle verständlich sind! ›› Kritische Fragen, Ängste, Bedenken der Beschäftigten thematisieren und direkt klären. ›› Beschäftigte frühzeitig in die Entwicklung einbeziehen — zum Beispiel im Rahmen der Anforderungsanalyse. ›› Bedarfe aller Beteiligten ermitteln und bei der Konzeption der Technik berücksichtigen. ›› Rückspiegelung von Ergebnissen. ›› Ethische, rechtliche und soziale Kriterien überprüfen, Nützlichkeit und Benutzerfreundlichkeit der technischen Lösung bewerten lassen. ›› Auch Mitarbeitende in anderen Arbeitsbereichen, um Flurfunk zu vermeiden! ›› Wertschätzende, vertrauensvolle Atmosphäre schaffen! Autoren +49 211 542263-25 Foto: Garno Studio/stock.adobe.com Literatur Ottersböck N (2023) Tipps gegen die KI-Angst von Beschäftigten. In Haufe Personal Blog https://www.haufe.de/personal/hr-management/tipps-gegen-die-ki-angst-von-beschaeftigten_80_604568.html Ottersböck N, Urban I, Cost Reyes C, Peters S, Boiteux C (in Druck) Employee Acceptance for AI Based Knowledge Transfer: Conception, Realization and Results of an ELSI+UX Workshop. 5th International Conference on Industry 4.0 and Smart Manufacturing — ISM 2023 (in Druck) Rusch T, Ottersböck N, Stowasser S (2023) Participative Process Model for the Introduction of AI-Based Knowledge Management in Production. In: Nah F, Siau K (Hrsg.) HCI in Business, Government and Organizations. 10th International Conference, HCIBGO 2023. Held as Part of the 25th HCI International Conference, HCII 2023 Copenhagen, Denmark, July 23–28, 2023. Proceedings, Part II. Lecture Notes in Computer Science. https://doi.org/10.1007/978-3-031- 36049-7, p 181–191 Rusch T, Ottersböck N, Ternes J (2023) KI_eeper — Erfahrungswissen mit KI sichern und das Team dabei mitnehmen. Projektbericht zur Entwicklung eines KI-basierten Assistenzsystems für automatisierten Wissenstransfer bei der apra-norm Elektromechanik GmbH. In: ifaa (Hrsg.) WERK- WANDEL 2/2023, 31-34 https://magazin.werkwandel.de/31 Stowasser S, Suchy O, Huchler N, Müller N, Peissner M, Stich A, Vögel H-J, Werne J, Henkelmann T, Schindler T, Scholz M (2020) Einführung von KI-Systemen in Unternehmen. Gestaltungsansätze für das Change-Management. Whitepaper aus der Plattform Lernende Systeme, München. Accessed January 3, 2023 https://www.plattform-lernende-systeme.de/files/ Downloads/Publikationen/AG2_ Whitepaper_Change_Management.pdf. Dipl.-Soz. Wiss. Nicole Ottersböck Wissenschaftliche Mitarbeiterin Fachbereich Arbeits- und Leistungsfähigkeit ifaa — Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e. V. Nicole Ottersböck ist überzeugt, dass eine vertrauensvolle Unternehmenskultur – wie in den KI_eeper-Betrieben – die Akzeptanz der Technikeinführung fördert. +49 211 542263-35 Isabella Urban, B. Sc. Studentische Mitarbeiterin Fachbereich Arbeits- und Leistungsfähigkeit ifaa — Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e. V. KI-Systeme müssen nach Auffassung von Isabella Urban nutzerzentriert und transparent entwickelt und eingeführt werden, damit Beschäftigte sie akzeptieren. +49 211 542263-35 Christian Cost Reyes M. Sc. Wissenschaftlicher Mitarbeiter Fachbereich Unternehmensexzellenz ifaa — Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e. V. KI_eeper kann die Stärken von KI im Wissensmanagement auf technischer und menschlicher Ebene entfalten, glaubt Christian Cost Reyes. 47
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