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WERKWANDEL 2_22

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WERKWANDEL -Schwerpunktausgabe Nachhaltigkeit WERKWANDEL widmet Nachhaltigkeit eine Sonderausgabe und betrachtet die Aktivitäten rund um das Thema aus verschiedenen Perspektiven: Wie gehen kleine und mittlere Unternehmen mit den Anforderungen um? Wie wird ein Nachhaltigkeitszielbild entwickelt? Welche Zukunftstechnologien können nachhaltig zur Wettbewerbsfähigkeit beitragen? Und wie unterstützen Wissenschaft und Verbände die Unternehmen?

WERKWANDEL 02/2022 Wissenschaft direkt Erfolgsfaktoren der Kooperation zwischen KMU und Start-ups Unternehmenskultur · Kooperationsbereitschaft (Offenheit, Vertrauen) · Lernbereitschaft · Mut & Veränderungswille Prozess · Gemeinsames Erfolgsverständnis · Gemeinsame Strategieund Zielfindung · Kompetenzorientierte Rollenverteilung · Verständnis über (agile) Prozesse und Vorgehensweisen Team & Kompetenzen · Projektteam und Integration der Fachbereiche · Produkt-, Prozess- und Branchen-Knowhow · IT-Kenntnisse bei datengetriebenen Lösungen · Unterstützung durch die Unternehmensleitung Prozessbezogene Erfolgsfaktoren Auf Prozessebene geht es um den gesamten Kooperationsablauf einschließlich der Vertragsgestaltung. Ein gemeinsames Verständnis zur Zielsetzung der Kooperation ist grundlegend. Eine abgestimmte und smart formulierte Zielsetzung, eine Strategie sowie eine kompetenzorientierte Rollenverteilung im Projekt helfen dabei. Für den Entwicklungsprozess digitaler Geschäftsmodelle ist aus Sicht der Start-ups ein mehrstufiges Vorgehen sinnvoll. Zunächst sollte ein Verständnis aufgebaut werden, wie die vom Start-up eingebrachte Technologie Mehrwerte für das KMU generieren kann — zum Beispiel, indem dadurch neue Lösungen für die Kunden des KMU angeboten werden können. Bezogen auf die Kunden ist ein genaues Verständnis für deren Bedürfnisse notwendig. Die vom Startup entwickelte Technologie sollte vor diesem Hintergrund direkt in der Anwendung des Kunden getestet werden. Erst wenn sichergestellt werden kann, dass beim Kunden ein Mehrwert generiert wird, sollte das komplette Geschäftsmodell schrittweise entwickelt werden. Das beschriebene Vorgehen deckt sich mit Vorgehensbeschreibungen der agilen Entwicklung, wie zum Beispiel Lean-Start-up-Methoden (Ries 2011). Personelle Erfolgsfaktoren Auf der personellen Ebene (Team & Mensch) werden kritische Erfolgsfaktoren bezogen auf das Projektteam, das notwendige Know-how der Beteiligten sowie die Unterstützung der Unternehmensleitung seitens des KMU ersichtlich (vgl. auch Dorfer et al. 2020, Wrobel et al. 2017). Die Kooperation sollte aus Sicht der Start-ups mit einem Projektteam des KMU erfolgen, das über ausreichende zeitliche Ressourcen für das Projekt verfügt. Wichtig ist es, die betreffenden Fachbereiche permanent einzubinden. Weitere Bereiche, wie Einkauf, Recht und IT, sollten temporär beteiligt werden. Idealerweise sollte das Projektteam Entscheidungsbefugnisse, Reputation und eine Multiplikatoren-Funktion besitzen. Mit Blick auf das notwendige Fachwissen sollten aus Sicht der Start-ups die KMU ein tiefgehendes Produkt-, Prozess- und Branchen-Knowhow einbringen, damit die Kooperation oder die Umsetzung digitaler Geschäftsmodelle gelingen kann. Bei datengetriebenen Geschäftsmodellen sind zudem Programmierkenntnisse im Kooperations- und Anwenderteam wichtig. Ebenfalls hervorzuheben ist die Rolle der Unternehmensleitung. Wenn es um neue Geschäftsmodelle geht, ist deren Unterstützung Grundvoraussetzung. Die Leitungsebene des KMU sollte das Projekt als Promotor aktiv unterstützen und vorantreiben. 28

WERKWANDEL 02/2022 Wissenschaft direkt HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN FÜR KMU DES DEUTSCHEN MASCHINENBAUS Zusammenfassend lassen sich sieben Handlungsempfehlungen für eine erfolgreiche Kooperation ableiten: 1. Kulturellen Wandel bereits vor der Start-up-Kooperation anstoßen: Dabei unterstützen beispielsweise Besuche von Start-up-Veranstaltungen, der Austausch mit Gleichgesinnten oder auch Führungskräftetrainings. 2. Selbstzweck vermeiden, Kundenbedarfe in den Mittelpunkt rücken: Zunächst sollten die Kundenbedarfe identifiziert werden. Zudem sollte geprüft werden, ob diese durch ein digitales Geschäftsmodell befriedigt werden können. 3. Knappe finanzielle Ressourcen nicht als Ausschlusskriterium für Start-up-Kooperationen betrachten: Es kann sich beispielsweise anbieten zunächst »klein« mit softwarebasierten Anwendungen zu beginnen. Diese können teilweise sogar mit kostenlosen Demo-Lösungen erprobt werden. 4. Rollenverteilung bewusst machen: Start-ups bringen in der Regel ihre Technologien ein. Wird abseits von der Technologie-Integration Unterstützung bei der Entwicklung und Umsetzung digitaler Geschäftsmodelle benötigt, so ist dies vorweg in der Zielsetzung zu klären. Weitere notwendige Kompetenzen sollten geprüft und gegebenenfalls extern hinzugewonnen werden. 5. Stärken von KMU im Kooperationsprozess bewusst machen und einbringen: Dazu zählen ihre Nischenexpertise, die aktive Involvierung der Geschäftsführung und ihre »Handshake-Mentalität«. 6. Abteilungsübergreifende und fachlich kompetente Projektteams zusammenstellen: Diesem Team sollten Entscheidungsbefugnisse sowie der Zugriff auf andere Unternehmensbereiche zugestanden und das Handeln durch die Unternehmensleitung unterstützt werden. Notwendige digitale Kompetenzen, wie zum Beispiel der Umgang mit großen Datenmengen, sind je nach verfolgtem Geschäftsmodell für die Umsetzung aufzubauen. 7. Anwenderzentrierter und iterativer Entwicklungsprozess: Die Start-up-Kooperation mit dem Ziel der Geschäftsmodellinnovation stellt eine anspruchsvolle Aufgabe dar. Es empfiehlt sich, neue Technologien und Start-up-Lösungen zunächst zu erproben und beispielsweise mit dem Ziel der Prozess- und Service-Optimierungen zu nutzen. Perspektivisch können dabei auf Grundlage des gewonnenen Kundenfeedbacks und Anwendungswissens digitale Geschäftsmodelle entstehen. Literatur Brodtmann T et al., Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau, McKinsey & Company (Hrsg.) (2020) Kundenzentrierung als Chance für den digitalen Durchbruch. Was sich die Endkundenindustrien vom Maschinenbau bei digitalen Plattformen und Mehrwertdiensten wünschen. Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau, Frankfurt am Main Dorfer L et al., VDMA Start-up-Machine (Hrsg.) (2020) Gemeinsam stark. Wie die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Start-ups im Maschinen- und Anlagenbau gelingt. VDMA Start-up-Machine, Frankfurt am Main Dorfer L et al., VDMA Start-up-Machine (Hrsg.) (2019) Start-up-Affinität und -Strategie im Maschinen- und Anlagenbau. VDMA Mitgliederbefragung 2019. VDMA Start-up-Machine, Frankfurt am Main Engels B, Röhl, K H, Institut der deutschen Wirtschaft (Hrsg.) (2020) Start-ups und Mittelstand. Potenziale und Herausforderungen von Kooperationen, Institut der deutschen Wirtschaft, Köln Heider A K et al., Wittener Institut für Familienunternehmen (Hrsg.) (2020) Kooperationen zwischen Start-ups und Familienunternehmen. Motive, Erwartungen und Erfolgsfaktoren bei der Zusammenarbeit etablierter und junger Unternehmen. Wittener Institut für Familienunternehmen, Witten Kollmann T et al., Bundesverband Deutsche Start-ups (Hrsg.) (2020) Deutscher Start-up Monitor 2020. Innovation statt Krise. Bundesverband Deutsche Start-ups, Berlin Ries E (2011) The Lean Start-up. How Constant Innovation Creates Radically Successful Businesses. Penguin Group, London Wrobel M et al., Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft (Hrsg.) (2017) Kooperationen zwischen Start-ups und Mittelstand. Learn. Match. Partner. Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft, Berlin Die in dieser Publikation vertretenen Auffassungen geben die persönliche Meinung der Autorin wieder und sind nicht notwendigerweise Positionen der Deutschen Bundesbank oder einer anderen Behörde. Autoren Leonie Heckmanns M.Sc. Trend- und Technologieanalystin Deutsche Bundesbank Die Themen Innovation, Digitalisierung und Kooperation hat Leonie Heckmanns in ihren beruflichen Stationen bereits aus mehreren Perspektiven kennengelernt. Im Rahmen der Forschungsarbeit konnte sie ihre Erfahrungen um die Start-up-Sichtweise erweitern. +49 211 361179907 Prof. Dr. Bita Fesidis Professur für Innovationsmanagement und Digitalisierung FOM Hochschule für Oekonomie & Management Bita Fesidis forscht zu Innovationen und ist angetrieben vom Interesse, Lösungen für die digitale Transformation und Nachhaltigkeit gemeinsam zu denken und umzusetzen. 29

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