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Das Fachmagazin zur Arbeits- und Betriebswelt von heute und morgen.

WERKWANDEL 01/2022 Zukunftsgespräch Wir wollen kom plexe Zusammenhänge visuell, spielerisch leicht und virtuell vereint im Team vermitteln. Jochen Knecht Beispielhafte Anwendung in der Medizin die Methoden des Industrial Engineerings Produktionssysteme wirtschaftlicher und menschengerechter gestalten. Beim Industrial Engineering handelt es sich dabei um ein Fach, das nahe an der praktischen Anwendung und am realen Arbeitssystem ist. Im Projekt kümmere ich mich um die Lernszenarien. Wie sind Sie auf das Motto »Close the Gap« gekommen? Thilo Gamber: Wenn Sie mit der Londoner U-Bahn fahren, ertönt regelmäßig die Lautsprecherdurchsage »Mind the GAP between train and platform«. Salopp gesagt heißt das: »Beachten Sie die Lücke und fallen Sie bitte nicht rein.« Wir wollen diese Lücke in der Wissensvermittlung durch einfach anzuwendende Visualisierungslösungen als intuitives Bindeglied zwischen Theorie und Praxis schließen. Deshalb der Projektname »Close the Gap«. Die Chancen unseres Ansatzes werden besonders vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie deutlich. Denn seitdem die Studierenden interaktionseingeschränkt am heimischen Bildschirm sitzen, wird der Bedarf einer neuen Form der Interaktion und Kollaboration auf Distanz deutlich. Jochen Knecht: Der interdisziplinäre Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen Dozierenden und der Studierendenschaft hat durch die Corona-Pandemie sehr gelitten. Wir entwickeln neue, begeisternde Formen der interaktiven und kollaborativen Wissensvermittlung. Unser Ziel ist es, anhand individualisierter Lernszenarien komplexe Zusammenhänge visuell, spielerisch leicht und virtuell vereint im Team zu vermitteln. Alle müssen leicht mitmachen können — unabhängig davon, welche Hardware an der Bildungseinrichtung oder im Homeoffice zur Verfügung steht. Ortsunabhängig müssen sich Teilnehmer der interaktiven Lehrveranstaltung zuschalten können. Wie sieht die Wissensvermittlung im Industrial Engineering aktuell aus? Thilo Gamber: Die theoretischen Grundlagen werden in Unterrichtsform klassisch durch Rechenaufgaben und Übungsblätter vermittelt. Industrial Engineering befasst sich mit praxisbezogenen Fragestellungen. Nur wenn die erlernten Methoden praktisch angewendet werden können, lassen sich mögliche Anwendungsschwierigkeiten erkennen und können im Studium berücksichtigt werden. An den Hochschulen gibt es zwar einzelne Maschinen und Montageeinrichtungen, jedoch meist keine praxisnahen Fabrikarbeitssysteme. Somit können Arbeits- und Prozessabläufe nur eingeschränkt dargestellt werden. Komplexe und praxisnahe Fabrikarbeitssysteme können in der praktischen Wissensvermittlung an Hochschulen bisher nicht eingebunden werden. Wie kann diese Lücke mit Virtual Reality Technologien geschlossen werden? Jochen Knecht: Dank interaktiver VR-Technologie können wir reale Fabrik-, Arbeits- oder Produktionssysteme virtuell und kollaborativ erlebbar machen und diese den Studierenden zur Verfügung stellen. Wir erstellen virtuelle 1:1-Kopien von Produkten, Maschinen und technischem Equipment. Diese »virtuellen Zwillinge« verfügen über identische Funktionen, mechanische Eigenschaften und technische Spezifikationen wie ihr reales Original. Damit können die 34

WERKWANDEL 01/2022 Zukunftsgespräch Anwender und virtuelle Zuschauer im OP, im Hörsaal und am Schreibtisch Studierenden komplexe Arbeits- und Prozesssimulationen durchführen. So können auch Fehlbedienungen und deren Folgen exakt simuliert und live erlebt werden. Notwendige Technologien und VR-Brillen sind heute breit und günstig verfügbar. Wie sieht eine Lerneinheit mit VR-Unterstützung konkret aus? Jochen Knecht: Das theoretisch Erlernte kann in der virtuellen Realität ausprobiert werden. Ein Anwendungsbeispiel für angehende Bauingenieure: Im Stil einer klassischen Vorlesung wird den Studierenden zunächst das komplexe Themengebiet »Material- und Werkstoffkunde« vermittelt. Im Anschluss taucht der Dozent gemeinsam mit den Studierenden in die virtuelle Nachbildung einer Industriehalle ein. Wie in einem Computerspiel wird jeder Teilnehmer der virtuellen Lehreinheit als individueller Avatar dargestellt. Alle Avatare sehen sich gegenseitig und können verbal frei miteinander kommunizieren. Die Teilnehmer stehen vor einem virtuellen Stahlträger, dessen Enden auf zwei Auflagern aufliegen. Der Stahlträger hat eine definierte Länge, besteht aus einer expliziten Stahllegierung und weist ein spezielles Querschnittsprofil auf. Der Dozierende kann an diesem praktischen Arbeitssystem nun live Änderungen vornehmen. Die Auswirkungen sind für die Studierenden sofort ersichtlich. Änderungen der Materialeigenschaften, der Länge oder des Querschnittsprofils beeinflussen direkt den Grad der Durchbiegung und die Verformung des Stahlträgers. Durch diese Form der interaktiv-visuellen Wissensvermittlung können den Studierenden komplexe Zusammenhänge spielerisch leicht vermittelt werden. Erfahrungen mit der praktischen Anwendung der Lehrinhalte können somit gesammelt und die Lehrinhalte berufspraktisch vertieft werden. Alle Studierenden können ortsunabhängig mitmachen– ganz gleich, ob sie eine VR-Brille, einen Laptop oder ihr Smartphone nutzen. Welche Schritte sind für die Zukunft geplant? Thilo Gamber: Wir entwickeln sukzessive Lehrinhalte für das Medium Virtual Reality. Ich kümmere mich um die Lernszenarien, Jochen Knecht setzt das als Technologieträger (kreatiVRaum GmbH) technisch 35

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