WERKWANDEL 03/2024 Arbeitswelt vor Ort Sicher und gesund arbeiten dank fortschrittlicher Robotik und KI-basierter Systeme? Ein Projekt der BAuA für die Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit (EU-OSHA) beleuchtet Chancen und Risiken Fortschrittliche Robotik im Gesundheitswesen — hier: Simulation einer Ultraschalluntersuchung. Der für den Medizinsektor zertifizierte Roboter ist berührungssensitiv und kann mit Menschen kollaborieren. | Foto: O. Teichmann KUKA Group 22
WERKWANDEL 03/2024 Arbeitswelt vor Ort Die Arbeitswelt verändert sich stetig. Die Digitalisierung schreitet voran. Laptops, Smartphones und andere Technologien sind heute fester Bestandteil der Arbeit. Doch es tauchen auch neue Technologien auf, die ihren Weg zunehmend in den Arbeitsalltag finden. Roboter waren lange Zeit hauptsächlich im industriellen Sektor zu finden. Doch jetzt gibt es Roboter-Kellner, die Gästen im Restaurant das Essen bringen, oder Assistenzroboter, die Menschen am Flughafen helfen, das richtige Gate zu finden. Auch künstliche Intelligenz (KI) ist kein Element aus Science-Fiction-Filmen mehr, sondern ein zunehmender Bestandteil unserer alltäglichen Arbeit. Von KI-basierten Chatbots bis zu medizinischen Bilderkennungsverfahren, die von KI unterstützt werden — der potenzielle Anwendungsbereich dieser Technologien ist groß. Dass der aktuelle technologische Fortschritt einen Umbruch in der Arbeitswelt bringen wird, ist erwartbar. Darum braucht es zukunftsorientierte Forschung dazu, welche Chancen und Risiken durch die Einführung von fortschrittlicher Robotik und KI-basierten Systemen entstehen. Fortschrittliche Robotik Früher war das Arbeiten mit Robotern oft dadurch begrenzt, dass Schutzzäune Mensch und Roboter trennten. Aktuelle fortschrittliche robotische Systeme ermöglichen es zunehmend, ohne Zäune mit Menschen in einem Arbeitssystem zu koexistieren, zu kooperieren oder sogar in ihrer Arbeit zu kollaborieren. So begann Ende 2020 ein dreijähriges Forschungsprojekt, in dem sich die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) im Auftrag der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) mit dieser Thematik befasst hat. Ziel des Projektes war es, einen Überblick über die aktuelle Forschungs- und Anwendungslage von fortschrittlicher Robotik und KI-basierten Systemen zu erstellen. Das Projekt beinhaltete auch einen Überblick über die aktuelle Rechtslandschaft in der EU und identifizierte hier Lücken und Handlungsbedarfe. Eine der zentralen Fragen: Welche Chancen und Risiken sind aus Sicht eines sicheren und gesunden Arbeitens mit den Technologien verbunden? Dabei sollten die Systeme und auch ihre Einführung ganzheitlich betrachtet werden. Es wurden also physische, psychosoziale und auch organisationale Aspekte analysiert. Die Ergebnisse flossen unmittelbar in die derzeit laufende Kampagne »Gesunde Arbeitsplätze — Sicher und gesund arbeiten in Zeiten der Digitalisierung« der EU-OSHA ein. Um umfassende Erkenntnisse zu erlangen, zog das Projekt sowohl Forschungsergebnisse als auch Praxiserfahrungen heran. Zu Beginn des Projektes Kampagne: Gesunde Arbeitsplätze Die Kampagne soll für Chancen und Risiken sowie für die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit sensibilisieren, die durch den digitalen Wandel unserer Arbeitsweisen entstehen. Sie soll auf Herausforderungen im Bereich Sicherheit und Gesundheit aufmerksam machen und Kenntnisse über den sicheren und produktiven Einsatz digitaler Technologien ausbauen. Die Kampagne läuft von 2023 bis 2025. Die Abkürzung »EU-OSHA« steht für European Agency für Safety and Health at Work — Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz. wurde eine systematische Literaturanalyse durchgeführt, die mehr als 188 systematische Arbeiten und Metaanalysen berücksichtigt — daraus extrahierten die Forschenden die Chancen und Risiken für die Arbeit. Zusätzlich wurden europaweit elf ausführliche Fallstudien und Anwendungsbeispiele in Unternehmen unterschiedlichster Branchen erstellt, welche die praktischen Erfahrungen mit dem Implementierungsprozess und dem Arbeitsalltag abbilden. Basierend auf den gesammelten Erkenntnissen aus Literatur und Praxis konnten Chancen und Risiken sowie Empfehlungen für die Implementierung von fortschrittlicher Robotik und KI-basierter Systeme am Arbeitsplatz abgeleitet werden. Chancen und Risiken für die Gesundheit am Arbeitsplatz Robotische Systeme (teil-)automatisieren vorrangig physische Aufgaben, KI-basierte dienen kognitiven Zwecken. Das war die allgemeine Annahme, welche auch dieses Projekt zunächst auch bestätigte. Doch auch, wenn sich eine klare Tendenz abzeichnet, dass Roboter stärker mit physischen Chancen und Risiken assoziiert werden (zum Beispiel geringere körperliche Belastungen), zeigte die Auswertung der Daten einen interessanten Trend: Für beide Technologien standen psychosoziale Risiken, wie etwa die Belastung durch eine Angst vor Arbeitsplatzverlust oder die Beeinträchtigung durch ein Gefühl von Überwachung durch die Technologie, im Fokus. Auch, wie sich die Veränderung der Tätigkeit auf das geistige Wohlbefinden auswirkt, wird ausführlich in der Literatur untersucht und ebenfalls in den Praxisbeispielen diskutiert. Ein Risiko kann durch die Arbeitsgestaltung entstehen, wenn Arbeitnehmende zunehmend dem Roboter zuarbeiten und ihre Tätigkeit für sie deshalb subjektiv an Sinnhaftigkeit verliert. Die Chance, welche die Technologie eigentlich verspricht, ist weniger taktgebundene Arbeit mit mehr Gestaltungsfreiraum für Arbeitnehmende. Die Fallstudien bestätigen, dass diese Chance eintreten kann. 23
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