WERKWANDEL 03/2024 Wissenschaft direkt Mit Behavior Based Safety mehr Sicherheit in der Produktion Ein erfolgreiches Evaluationsprojekt zur verhaltensbasierten Arbeitssicherheit Arbeitsschutz und -sicherheit sind wichtig für Betriebe. Diese investieren viele Ressourcen in die Umsetzung von Arbeitsschutzmaßnahmen und damit in die Gesundheit und Sicherheit ihrer Beschäftigten. Dennoch kann es durch menschliches Verhalten zu Unfällen oder unsicheren Situationen kommen. Das ifaa begleitet in einem Evaluationsprojekt die thyssenkrupp Materials Services GmbH dabei, ein Konzept zur verhaltensorientierten Arbeitssicherheit, kurz BBS (Behavior Based Safety), zu pilotieren, umzusetzen und zu evaluieren. Ziel ist es, Arbeitsunfälle und unsichere Handlungen zu minimieren und die Sicherheitskultur zu verbessern. Über die thyssenkrupp Materials Services GmbH Die thyssenkrupp Materials Services GmbH ist mit rund 380 Standorten — darunter rund 270 Lagerstandorte — in mehr als 30 Ländern einer der weltweit führenden werksunabhängigen Werkstoffhändler und -dienstleister. Im Geschäftsjahr 2022/23 hat das Unternehmen einen Umsatz von 13,6 Milliarden € und ein Ergebnis von 178 Millionen € erwirtschaftet. Das vielseitige Leistungsspektrum der Werkstoffexperten ermöglicht es den BBS setzt gegenseitige Achtsamkeit im Arbeitsumfeld voraus Foto: © littlewolf1989/stock.adobe.com 38
Kunden, sich noch stärker auf die individuellen Kerngeschäfte zu konzentrieren. Im Rahmen der strategischen Weiterentwicklung »Materials as a Service« fokussiert sich das Unternehmen auf die Lieferung von Roh- und Werkstoffen sowie Produkte und Dienstleistungen im Bereich des Supply- Chain-Managements. Digitale Lösungen sorgen für effiziente und ressourcenschonende Prozesse beim Kunden und bieten so die Grundlage für nachhaltiges Handeln. Ab 2030 wird thyssenkrupp Materials Services klimaneutral agieren. BBS (Behavior Based Safety) — verhaltensbasierte Arbeitssicherheit Die verhaltensbasierte Arbeitssicherheit, kurz BBS (Behavior Based Safety), ist die erfolgreichste und am besten untersuchte Methode, um das sichere Verhalten von Beschäftigten bei der Arbeit zu fördern und somit unsichere Handlungen und Arbeitsunfälle zu reduzieren (vgl. Bördlein 2022). Charakteristisch für dieses Konzept ist, dass sicheres Verhalten von Führungskräften und Beschäftigten wahrgenommen wird und entsprechende Wertschätzung erfährt (positive Konsequenz). Wird ein unsicheres Verhalten beobachtet, so erfolgt daraufhin keine Abmahnung oder Kritik (negative Konsequenz); vielmehr folgt ein lösungsorientiertes, konstruktives Feedback, wie Beschäftigte sich sicherer verhalten können (vgl. auch Bördlein 2022). Umsetzung des Evaluationsprojekts Zur Umsetzung des BBS-Konzeptes an den Pilotstandorten der thyssenkrupp Materials Services GmbH wurde gemeinsam mit dem Betrieb und einem externen Trainer ein hybrides Trainingsverfahren speziell für die Anforderungen des Betriebs und die Beschäftigten am Shopfloor entwickelt. Neben der Reduktion unsicherer Handlungen soll eine proaktive Sicherheitskultur sowie das Commitment unter den Beschäftigten (sogenanntes »Buddy-Prinzip«) gestärkt werden. Folgende Punkte sind in diesem Konzept enthalten: ›› ein interner Kick-off-Workshop mit dem Projektteam, ›› ein offizieller Kick-off-Workshop mit allen Beschäftigten und Führungskräften des Pilotstandortes (Abholen der Beschäftigten und Erläuterung der Ziele des Projekts), ›› zwei Workshops zur Erarbeitung von Standardarbeitsanweisungen (SOP = Standard Operation Verhaltensorientierte Arbeitssicherheit lebt vom positiven Feedback der Führungskräfte und vom Austausch unter Kollegen. Foto: © Halfpoint/stock.adobe.com Procedure) sowie die Identifikation unsicherer Handlungen und die Ableitung der zu verändernden Verhaltensweisen an einer Anlage, ›› Definition und Umsetzung der zu verändernden Verhaltensweisen auf dem Shopfloor durch die Beschäftigten inklusive positivem Feedback durch die Führungskräfte und der Beschäftigten untereinander, ›› Workshops zur Stärkung des Commitments (also der Identifikation mit dem Projekt) der Beschäftigten und Führungskräfte, ›› sechs digitale Lernvideos für Beschäftigte, ›› Beobachtungen des veränderten Arbeitsverhaltens auf dem Shopfloor, ›› E-Learning zum Thema »verhaltensorientierte Arbeitssicherheit« für Führungskräfte. Das ifaa verfolgt und beurteilt dieses Konzept mittels einer formativen (prozessbegleitenden) sowie einer summativen (abschließend bewertenden) Evaluation. Zur Ableitung von Verbesserungen des entwickelten Trainingskonzepts und zum Nachweis der Wirksamkeit des BBS-Projektes wurden fünf Aspekte der Trainingsmaßnahme bewertet: ›› der Input (Status quo), › › die Intervention (Entwicklung und Implementierung), ›› der Output (Ergebnisse für den Betrieb und seine Beschäftigten), ›› der Outcome (Folgen für den Betrieb und seine Beschäftigten) und ›› der Impact (Wirkung). Insgesamt sind fünf Erhebungszeitpunkte (t0 bis t4; vgl. Abbildung zum Ablaufschema) geplant; zur Evaluation werden Fragebogenverfahren und Verhaltensbeobachtungen eingesetzt, die zuvor 39
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