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WERKWANDEL Ausgabe 1/2023 Schwerpunkt Fachkräftesicherung

WERKWANDEL 01/2023 Arbeitswelt gestalten zubildenden wie Fachkräften. Essedea sieht sich demnach der Herausforderung gegenüber, ›› das textile Arbeitsumfeld ebenso wie die entsprechenden Berufsbilder gezielt aufzuwerten, ›› Quereinsteiger einzustellen und ›› Bewerber mit niedrigerem Bildungsstand selbst auszubilden. Ein weiterer wichtiger Trend: Das Unternehmen ist heute mit einem veränderten Selbstverständnis seiner Beschäftigten und auch unter Bewerbern konfrontiert, zum Beispiel, was die Vereinbarkeit von Freizeit und Arbeit angeht. Über die Vergütung hinaus gewinnen andere Aspekte an Bedeutung — dazu zählen Arbeitszeitflexibilität, Work-Life-Balance, flache Hierarchien und eine nachhaltige Unternehmensausrichtung. »Wir haben zudem verstärkt den Eindruck, dass nicht zuletzt die Corona-Pandemie das Bewusstsein vieler Menschen dafür geschärft hat, achtsamer mit der eigenen physischen und psychischen Gesundheit umzugehen«, so Julia Essers-Gullanger. Gemeinsam mit ihrem Bruder Philipp Essers leitet sie die Unternehmensgruppe Essers, deren Teil Essedea ist, in vierter Generation; sie verantwortet dort vor allem HR-Themen. Philipp Essers ergänzt: »Vielen potenziellen Beschäftigten ist auch wichtig, für wen sie arbeiten. So stehen wir aktuell mit anderen Unternehmen im Wettbewerb um die verfügbaren Arbeitskräfte.« Wie das Familienunternehmen seine Werte lebt und damit Beschäftigte bindet Garnrollen warten auf ihre Verarbeitung. | Foto: Essedea GmbH & Co. KG Für Essedea ist es über anspruchsvolle Kundenanforderungen unter anderem der Automobilindustrie hinaus wichtig, auch auf sich verändernde Erwartungen der aktuellen und zukünftigen Beschäftigten einzugehen. Dazu gehören neben Wertschätzung und vertrauensvoller Zusammenarbeit auch Transparenz, was Verantwortungsbereiche und gemeinsam gesetzte Ziele angeht. »Dabei möchten wir vor allem im Auge behalten, dass sich die Bedürfnisse und Erwartungen der Beschäftigten im Laufe ihres (Arbeits-)Lebens immer wieder verändern. Dieser Tatsache versuchen wir mit einer intuitiven, individuellen und lebensphasenorientierten Führung Rechnung zu tragen«, so Julia Essers-Gullanger. Im Arbeitsalltag setzt das Unternehmen diesen Anspruch durch einen regelmäßigen persönlichen Austausch mit den Beschäftigten um. Dabei geht es beispielsweise darum, Arbeitsbedingungen an veränderte Lebensbedingungen Einzelner anzupassen oder Beschäftigte bei Bedarf individuell und pragmatisch zu unterstützen. Für diese Werte steht das Familienunternehmen; es ist offen für neue Ansätze und übernimmt aktiv Verantwortung für seine Beschäftigten. Dazu Familienunternehmer Philipp Essers: »Wir sind bemüht, uns nicht nur als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Wir möchten als über 110 Jahre altes Familienunternehmen auch unsere individuellen Werte und Stärken für alle transparent und wahrnehmbar gestalten. So zeigen wir möglichst langfristige gemeinsame Perspektiven für eine gute Zusammenarbeit auf. Durch eine hohe Anzahl langjährig beschäftigter Kolleginnen und Kollegen fühlen wir uns in dieser Vorgehensweise bestätigt. Neben der Fortführung unserer traditionellen Werte möchten wir uns aber auch technisch bestmöglich für die Zukunft aufstellen.« 54

WERKWANDEL 01/2023 Arbeitswelt gestalten Ausblick auf eine KI-gestützte Arbeitswelt »Die Potenziale Künstlicher Intelligenz im Kontext der Fachkräftesicherung sind für uns vielfältig. So kann etwa der Wissenstransfer durch eine KI-Lösung deutlich erleichtert werden, in dem das Wissen erfahrener Beschäftigter erfasst und neuen oder fachfremden Beschäftigten situationsgerecht bereitgestellt wird. Hierdurch werden Einarbeitungsaufwand wie -zeit reduziert und gleichzeitig die Maschinenbedienenden unterstützt«, sind sich die Familienunternehmer einig. Insbesondere bei der Entwicklung neuer Produkte kann eine KI-Lösung Fehler vermeiden und dadurch noch mehr Produktionssicherheit bieten. »Ebenfalls erhoffen wir uns durch den Einsatz von KI eine weitere Steigerung der Effizienz und Nachhaltigkeit unserer Produktionsprozesse und nicht zuletzt eine größere Attraktivität textiler Arbeitsplätze für junge Mitarbeitende«, so Philipp Essers. Aktuell ist noch nicht absehbar, welche positiven langfristigen Auswirkungen KI zukünftig haben kann, etwa in Form kürzerer oder flexiblerer Arbeitszeiten. Doch vor dem beschriebenen Hintergrund sehen die Unternehmer großes Potenzial im Forschungsprojekt WIRKsam (www.WIRKsam. nrw), an dem Essedea mit dem beschriebenen Anwendungsfall beteiligt ist. Essedea-Standort in Wassenberg, Kreis Heinsberg. | Foto: Essedea GmbH & Co. KG Betriebsklima dafür gegeben ist: »Wie bei allen Veränderungsprozessen sind auch bei der Einführung eines KI-basierten Systems gegenseitiges Wohlwollen, Verständnis und vor allem eine gute Portion Geduld und Ausdauer gefragt. Aus der Erfahrung heraus sehen wir uns dafür gut aufgestellt.« Beteiligung der Mitarbeitenden am Veränderungsprozess Für Essedea ist es wichtig, die Beschäftigten bei der Entwicklung und Einführung neuer digitaler oder KI-gestützter Systeme einzubeziehen und den Veränderungsprozess aktiv zu begleiten. Im engen Austausch soll den Mitarbeitenden der persönliche sowie unternehmerische Mehrwert aufgezeigt werden, um mögliche Berührungsängste durch gemeinsam festgelegte Ziele und Aufgaben abzubauen. Julia Essers-Gullanger ist optimistisch, dass das grundsätzlich nötige gute INFO ZUM PROJEKT WIRKSAM Das Kompetenzzentrum WIRKsam wird im Rahmen der Fördermaßnahme »Regionale Kompetenzzentren der Arbeitsforschung« vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreut (Förderkennzeichen: 02L19C600). Mit dieser Förderrichtlinie verfolgt das BMBF das Ziel, die Gestaltungspotenziale neuer Technologien auf die Arbeitswelt zu untersuchen und den Transfer der Forschungsergebnisse in die betriebliche Praxis zu fördern. Regionale Kompetenzzentren sollen an den Stärken ihrer jeweiligen Region ansetzen, etwa an historisch gewachsenen Themenschwerpunkten, speziellen Technologien oder branchenübergreifenden Netzwerken. Autoren +49 2233 600371-1 +49 2233 600371-3 Sina Niehues, M.Sc. Wissenschaftliche Mitarbeiterin Kompetenzzentrum WIRKsam ifaa — Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e. V. Sina Niehues möchte KI-Anwendungen so gestalten, dass sie einen Beitrag zur Fachkräftesicherung leisten. Dr.-Ing. Markus Harlacher Wissenschaftlicher Mitarbeiter Kompetenzzentrum WIRKsam ifaa — Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e. V. Markus Harlacher ist überzeugt, dass gut gestaltete KI-Anwendungen viele Potenziale von Unternehmen erschließen können. 55

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