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Das Arbeitsweltmagazin

WERKWANDEL 01/2024 Vordenker Verbandsunternehmen Voith GmbH & Co. KGaA: Auch Anlagen zur Nutzung von Wasserkraft werden hergestellt und betreut — hier Servicearbeiten für das Wasserkraftwerk Reisseck. | Foto: © Verbund AG nur umlegen müsste. Zur Wahrheit gehört, dass der Weg zurück zur Wettbewerbsfähigkeit lang, mühsam und in Teilen auch unpopulär ist, weil wir an so vielen verschiedenen Stellen gleichzeitig zurückgefallen sind. Wirklich demoralisierend ist aber, dass es kein Zeichen des Aufbruchs gibt. Das Entbürokratisierungsgesetz von Bundesjustizminister Marco Buschmann von der FDP hätte eine Initialzündung sein können, wenn nicht ausgerechnet die Ministerien für Arbeit und Soziales sowie für Wirtschaft und Klimaschutz, die die meiste Bürokratie verursachen, die Mitwirkung verweigert hätten. Im Umkehrschluss heißt das: Es braucht eine glaubwürdige Initialzündung, die das Vertrauen weckt, dass sich Durchhalten lohnt. Droht Deutschland eine De-Industrialisierung, wie die vbw in einem aktuellen Papier warnt? Und wie sähe Ihr Sofortprogramm aus, um das zu verhindern? Ehrlich gesagt: Die droht nicht, die ist längst im Gange. Es fällt nur nicht so auf, weil es erstens viele verschiedene Gründe gibt, warum Unternehmen gehen. Dazu gehören Energiesicherheit, Energiepreise, Marktzugang, Technologiefeindlichkeit, Bürokratie, verfügbare Arbeitskräfte, Kosten beispielsweise. Und zweitens, weil sich das nicht auf die Arbeitslosenzahlen auswirkt, denn das wird in der Statistik durch den beginnenden Renteneintritt der Babyboomer kaschiert. Wir brauchen genau das, was die Ampel versprochen hat: eine Modernisierung des Landes, mehr Brutto vom Netto, Entschlackung, Beschleunigung. Läuft denn wirklich alles so schlecht, wenn zeitgleich Destatis nach 2022 für 2023 einem weiteren Beschäftigungsrekord meldet? Allerdings stützen sich die Zuwächse weniger auf das verarbeitende Gewerbe, sondern auf den Dienstleistungssektor. Wie gesagt, das wird in der Statistik durch den beginnenden Renteneintritt der Babyboomer kaschiert. Abgesehen davon halte ich es nicht für beruhigend, wenn die Stelle eines Industriefacharbeiters statistisch durch zwei Fahrrad-Essenslieferanten ausgeglichen wird. Zur Erinnerung, laut statistischem Landesamt liegt das durchschnittliche Einkommen eines Arbeitnehmers in der baden-württembergischen Automobilindustrie bei fast 75 000 Euro im Jahr. In der Gastronomie sind es 27 500 14

WERKWANDEL 01/2024 Vordenker Wir brauchen eine Modernisierung des Landes, mehr Brutto vom Netto, Entschlackung, Beschleunigung. Oliver Zander Ampel-Trio: Bundeskanzler Olaf Scholz mit Ministern Christian Lindner und Robert Habeck Foto: © picture alliance/Reuters/Fabrizio Bensch Euro. Allein im Verbund der M+E-Industrie wird ein Fünftel aller Steuereinahmen und ein Drittel aller Sozialversicherungsabgaben erwirtschaftet. Wie beurteilen Sie die Wachstums- und Beschäftigungsperspektiven in der M+E-Industrie für 2024? Haben wir eine Chance, vom Rezessions- wieder auf einen Wachstumspfad zu kommen. Und was muss dafür geschehen? Im Moment ist nicht zu sehen, wo Wachstum herkommen soll. Die vermeintlichen Hoffnungsträger privater Konsum, Investitionen und Welthandel/ Exporte zeigen bislang keine Belebung. Angesichts von Kostensteigerungen, Strukturwandel und (geo-)politischen Unsicherheiten drohen sich diese auch 2024 deutlich schwächer zu entwickeln, als zum Teil noch prognostiziert wird. Immerhin 28,5 Prozent der Arbeitnehmer würden laut einer Umfrage ihre Arbeitszeit gern verringern. Wie passt das zur demografisch bedingten Verknappung des Arbeitskräfteangebotes? Und wie sollte Arbeitszeitgestaltung in Zukunft aus Ihrer Sicht aussehen? Allen Träumen vom Schlaraffenland zum Trotz müssen wir uns mit der irdischen Realität arrangieren. Und hier auf Erden schlägt der demografische Wandel zu. Es sind weniger Menschen da, die die Arbeit erledigen können. Wenn die alle auch noch weniger arbeiten, sind weder Wohlstand noch Sozialstaat zu erhalten. Was wir brauchen, ist eine Modernisierung unseres Arbeitszeitrechts, das die Möglichkeiten der europäischen Richtline voll ausschöpft — also von Tageshöchstarbeitszeit auf eine Wochenhöchstarbeitszeit umstellen, Ruhezeitregelung mit einer unbeschränkten Öffnungsklausel für die Tarifpartner erweitern. Autor +49 179 2043542 Carsten Seim Redakteur avaris | konzept Carsten Seim betreut die Redaktion des Magazins Werkwandel im Auftrag des ifaa — Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e. V. 15

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