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WERKWANDEL 2_22

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WERKWANDEL -Schwerpunktausgabe Nachhaltigkeit WERKWANDEL widmet Nachhaltigkeit eine Sonderausgabe und betrachtet die Aktivitäten rund um das Thema aus verschiedenen Perspektiven: Wie gehen kleine und mittlere Unternehmen mit den Anforderungen um? Wie wird ein Nachhaltigkeitszielbild entwickelt? Welche Zukunftstechnologien können nachhaltig zur Wettbewerbsfähigkeit beitragen? Und wie unterstützen Wissenschaft und Verbände die Unternehmen?

WERKWANDEL 02/2022 Arbeitswelt gestalten Zeitflexible und mobile Arbeit: mehr als CO 2 -Einsparung Ein ganzheitlicher Blick unter Aspekten der Nachhaltigkeit Mobile Arbeit, speziell das Arbeiten von zu Hause aus (Homeoffice), hat während der Covid 19-Pandemie einen enormen Aufschwung erlebt. Viele Unternehmen haben im Corona-Lockdown in kürzester Zeit pragmatische Lösungen dafür gefunden. Doch was ist, wenn man mobile Arbeit jenseits der Pandemie betrachtet? Es gibt mehr Dimensionen, als die CO 2 -Einsparung durch weniger Berufsverkehr. Ein ganzheitlicher Blick auf das Thema und die Wechselwirkungen zwischen ökonomischen, ökologischen und sozialen und technischen Aspekten. Die ökonomische Betrachtung Unter Wirtschaftlichkeits-Gesichtspunkten lohnt es sich für Unternehmen in jedem Fall, sich mit dem Thema »Homeoffice« zu beschäftigen und diese Arbeitsform anzubieten. Viele Unternehmen können es sich unter Aspekten des Employer Brandings und der Mitarbeiterbindung gar nicht mehr leisten, ihren aktuellen und künftigen Beschäftigten kein Homeoffice anzubieten. Immer mehr Unternehmen befassen sich deshalb mit diesem Thema. Hier bietet sich die Kombination aus Homeoffice und Präsenztagen an, um den Rekrutierungsradius für geeignete Beschäftigte zu erweitern. Darüber hinaus kann ein richtig gestaltetes Homeoffice die Arbeitsproduktivität steigern, denn bestimmte Aufgaben werden im Büro erledigt, andere besser von zu Hause aus. Wer die entsprechenden Benefits aus der Kombination von Tätigkeiten und Arbeitsorten generieren will, muss sich allerdings systematisch mit den Arbeitsaufgaben der Beschäftigten auseinandersetzen. Auch monetäre Einsparungen werden durch systematisch geplante Anwesenheiten zunehmend ein Thema: Vielfältige Büroarchitekturkonzepte berücksichtigen mittlerweile einen GANZHEITLICHE BETRACHTUNG VON NACHHALTIGKEIT Die »klassische« Betrachtung des Themas Nachhaltigkeit (Hauff 1987) und die formulierten Nachhaltigkeitsdimensionen adressierten zunächst den Dreiklang und die Wechselwirkungen der Themen Ökonomie, Ökologie und Soziales. Die Diskussionen haben sich seit dieser Zeit weiterentwickelt, so wurden zum Beispiel die genannten drei Dimensionen um eine vierte Dimension ergänzt (Eisele 2021): Technik. Dabei ist immer wieder zu betonen, dass es sich beim Konzept der Nachhaltigkeit beziehungsweise der nachhaltigen Entwicklung um eine regulative Idee (Zierhofer 2007) und nicht um konkrete Handlungsanweisungen oder Aktivitäten handelt. Szenario aktuell: Ersparnis pro Jahr bei einem Homeoffice-Tag wenn 25 % Homeoffice: 7,68 Millionen Erwerbstätige 11 466 840 000 km Pendelstrecke 337 260 000Stunden Fahrzeit 2 158 464 000 kg CO 2 -Ausstoß Szenario Zukunft: Ersparnis pro Jahr bei einem Homeoffice-Tag wenn 50 % Homeoffice: 15,33 Millionen Erwerbstätige 22 933 680 000 km Pendelstrecke 674 520 000 Stunden Fahrzeit 4 316 928 000 kg CO 2 -Ausstoß Berechnungsgrundlage für einen Homeoffice-Tag pro Jahr 45,3 MillionenErwerbstätige Quelle: Statistisches Bundesamt 2022 68 % der Erwerbstätigen benutzen den Pkw als Verkehrsmittel Quelle: Statistisches Bundesamt 2020 34 km/Tag × 44 Wochen = 1 496 km Pendelstrecke zwischen Wohn-und Arbeitsort Quelle: Statistisches Bundesamt 2016 1 Stunde/Tag × 44 Wochen = 44 Stunden Fahrzeit Quelle: Statistisches Bundesamt 2017 6,40 kg CO 2 /Tag × 44 Wochen = 281,60 kg CO 2 -Ausstoß Quelle: CO2-Rechner (https://www.quarks.de/umwelt/ klimawandel/co2-rechner-fuer-auto-flugzeug-und-co/) Beispielrechnung Einsparpotenzial für Deutschland (ifaa 2022) 46

WERKWANDEL 02/2022 Arbeitswelt gestalten rechnerisch geringeren Bedarf an Bürofläche sowie den damit verbundenen Nebenkosten. Diese sind gerade in Ballungszentren für viele Unternehmen ein bedeutender Kostenfaktor. Die ökologische Betrachtung Unter ökologischen Gesichtspunkten werden dem Homeoffice weitere relevante Aspekte zugesprochen. Viele generelle Ansätze beruhen auf der Vermeidung der berufsbedingten Mobilität (Pendlerverkehr). Beim Homeoffice geht es um einen Verzicht auf Fahrten und nicht um eine verstärkte Nutzung von Alternativen — zum Beispiel im öffentlichen Nahverkehr. Dazu existieren Durch die sozialen Gesichtspunkte der Arbeit im Homeoffice kann die Produktivität der Beschäftigten steigen. Ufuk Altun Foto: © pexels Ergänzender Link: Bildungsspiegel 04/2022 zum Ende der Homeoffice-Pflicht. unterschiedliche Berechnungen zu möglichen CO 2 -Einsparungen, die die Größenordnung der Einsparung verdeutlichen. Das ifaa hat die Einsparpotenziale berechnet. Neben den Einsparungen an klimaschädlichen Treibhausgasen werden durch vermiedene Fahrten (mit dem PKW) zusätzlich endliche Rohstoffe geschont. Zudem werden Innenstädte von Verkehrsaufkommen entlastet. Darüber hinaus hat das Homeoffice einen weiteren wichtigen Impuls und letztendlich den Beweis für die Machbarkeit einer weiteren ökologischen Entwicklung geliefert: Virtuelle Austauschformate über das Internet sparen oft aufwändige Dienstreisen. Die soziale Betrachtung Unter sozialen Gesichtspunkten ist die orts- und zeitflexible Arbeit positiv zu bewerten. Denn sie kann — mit entsprechender Arbeitszeitregelung – die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben stark verbessern. Die Beschäftigten können sich Zeitkorridore schaffen, die die privaten Anliegen wie die Kinderbetreuung und beruflichen Anforderungen bestmöglich in Einklang bringen. Ferner kann im Rahmen des Homeoffice auch (in bestimmten Grenzen) auf die Chronobiologie der Beschäftigten (siehe Begriffserklärung Chronobiologie) Rücksicht genommen werden. So können Menschen, die gut am frühen Morgen arbeiten, dies jenseits der klassischen Bürozeiten tun. Und »Nachtmenschen« oder »Eulen« können später mit ihrer Arbeit beginnen. Voraussetzung für dieses Mehr an Zeitflexibilität ist allerdings ein transparentes und verbindliches Konzept zur Erreichbarkeit der Beschäftigten im Homeoffice. Auf die Stressbelastung der Beschäftigten (besonders hervorgerufen durch Pendelzeiten) kann das Homeoffice ebenfalls einen positiven Einfluss haben. Insgesamt kann auch durch die sozialen Gesichtspunkte der Arbeit im Homeoffice die Produktivität der Beschäftigten steigen. Die technische Betrachtung Digitale Technologien und der zunehmende Einsatz von Künstlicher Intelligenz ermöglichen mobiles und zeitflexibles Arbeiten in einem bisher nicht gekannten Ausmaß. Bisher findet diese Entwicklung aber vor allem im indirekten beziehungsweise Bürobereich statt. Das ifaa untersucht im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Europäischen Sozialfonds (ESF) geförderten Projektes 47

© 2021 ifaa – Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e. V.

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