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WERKWANDEL 2_22

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WERKWANDEL -Schwerpunktausgabe Nachhaltigkeit WERKWANDEL widmet Nachhaltigkeit eine Sonderausgabe und betrachtet die Aktivitäten rund um das Thema aus verschiedenen Perspektiven: Wie gehen kleine und mittlere Unternehmen mit den Anforderungen um? Wie wird ein Nachhaltigkeitszielbild entwickelt? Welche Zukunftstechnologien können nachhaltig zur Wettbewerbsfähigkeit beitragen? Und wie unterstützen Wissenschaft und Verbände die Unternehmen?

WERKWANDEL 02/2022 Arbeitsrecht mit der Tatsache zu tun hat, dass der oder die Gekündigte einen angeblichen oder tatsächlichen Missstand gemeldet hat (siehe auch Auszug aus der Stellungnahme der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände, BDA). Organisatorisch werden Unternehmen neue Lasten zu tragen haben, weil sie beispielsweise Meldestellen für den vertraulichen Umgang mit Hinweisen einzurichten haben. Foto: BMJ ZITAT Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann (FDP) zum Referentenentwurf des HinSchG: »Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber übernehmen Verantwortung für die Gesellschaft und verdienen daher Schutz, wenn sie Missstände bei ihren Arbeitgebern melden. Der nun vorgelegte Referentenentwurf soll ihnen Rechtsklarheit … geben.« → Stand des Verfahrens Der im April 2022 veröffentlichte Referentenentwurf eines Gesetzes für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen (HinSchG) hat im Mai 2022 die Verbändeanhörung passiert — siehe auch Auszüge aus einer Stellungnahme der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände, BDA. Nach Beratung im Kabinett rechnen politische Beobachter damit, dass das Gesetz den Bundestag zügig passieren wird und noch in diesem Jahr in Kraft tritt. BEGRIFFSERKLÄRUNG WHISTLEBLOWING Beim Whistleblowing werden Hinweise auf Missstände in Unternehmen, Hochschulen, Verwaltungen etc. gegeben. Der Whistleblower (deutsch: Hinweisgeber) ist meist Mitarbeiter oder Kunde und berichtet aus eigener Erfahrung. Er informiert Mittler und Medien oder direkt die Öffentlichkeit. (…) Whistleblowing wird einerseits kritisiert und attackiert, andererseits begrüßt und gefördert. Quelle: Gabler-Wirtschaftslexikon → Worauf sollten sich Unternehmen einstellen? Professor Dr. Bernd Schiefer, Schiefer Rechtsanwälte Düsseldorf, zu den im Gesetzentwurf vorgesehenen internen Meldestellen: »Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch Änderungen vorgenommen werden. Das wäre auch dringend geboten. Unabhängig davon dürften Unternehmen aber gut beraten sein, sich bereits jetzt darauf einzustellen, dass künftig interne Meldestellen und Meldekanäle zu errichten sind. Diese können Hinweisgeber nutzen, um vermeintlich oder tatsächliche Verstöße gegen Rechtsvorschriften melden zu können. Denkbar sind solche Hinweise beispielsweise zur Bekämpfung von Geldwäsche etc. sowie bei angeblichen oder tatsächlichen Verstößen gegen Vorgaben für Unternehmen — dazu zählen beispielsweise die Produktsicherung, Sicherheiten im Straßenverkehr oder Umweltschutzvorschriften. Ein Verstoß gegen die Verpflichtung zum Einrichten und Betreiben von Meldestellen ist gemäß Referentenentwurf des HinSchG gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 2 sanktioniert. Zu beachten ist allerdings eine Schwellenwertregelung. Die Verpflichtung soll danach nur Beschäftigungsgeber mit in der Regel mindestens 50 Beschäftigten treffen, soweit es sich nicht um ein in § 12 Abs. 3 genanntes Unternehmen handelt: Von dieser Schwellenwertregelung ausgeschlossen sind beispielsweise Wertpapierdienstleistungsunternehmen oder Datenaufbereitungsdienststellen. Bei der Organisation der internen Meldestellen (§ 14 HinSchG) wird grundsätzlich größtmögliche Freiheit eingeräumt. Es ist aber in jedem Fall die Unabhängigkeit der Stelle zu wahren. Zudem müssen mögliche Interessenkonflikte ausgeschlossen werden. Darüber hinaus ist Vertraulichkeit zu gewährleisten.« Professor Schiefer zu internen Meldekanälen: »Für die internen Meldestellen müssen interne Meldekanäle errichtet werden; dabei sind diesbezügliche Vorgaben bewusst allgemeingehalten. Im Rahmen der gesetzlichen Maßgaben besteht Freiheit im Hinblick auf das Betreiben der Meldestellen.« Professor Schiefer zum Wahlrecht von Hinweisgebern, auch externe Meldekanäle zu nutzen: »Hinweisgeber können Verstöße auch bei einer noch einzurichtenden externen Meldestelle des Bundes, der Länder etc. melden. Sie sollen insoweit ein Wahlrecht haben.« 54

WERKWANDEL 02/2022 Arbeitsrecht Professor Schiefer zur Behandlung von Whistle blowern, die sofort die Öffentlichkeit informieren: »Die Inanspruchnahme eines internen oder externen Meldekanals hat im neuen Gesetz grundsätzlich Vorrang. Das »Öffentlichmachen« von Verstößen wird nur bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen unter den Schutz des HinSchG gestellt (§ 32 HinSchG).« Zu vielfältigen weiteren Verpflichtungen: »Die weitergehenden Bestimmungen des HinSchG, die hier nicht im Einzelnen besprochen werden können, befassen sich unter anderem mit der Datenverarbeitung durch die Meldestelle, des Ergreifens von Folgemaßnahmen durch die Meldestelle, dem Verbot von Repressalien, einem Benachteiligungsverbot etc. Mehr dazu lesen Sie in im Mai-Heft von Personalpraxis und Recht (PuR).« Im nationalen Recht bestehen bereits zahlreiche Vorschriften, die den Arbeitnehmer zur Meldung von Verstößen ermächtigen bzw. ihn bei solchen Meldungen schützen. Neben spezialgesetzlichen Regelungen z. B. aus dem Arb- SchG und der BetrVG gehört dazu insbesondere das Maßregelungsverbot nach § 612a BGB. (…) Durch eine Meldung drohen wirtschaftliche Einbußen, Wettbewerbsnachteile und Imageschäden. Diesem Spannungsfeld kann durch die Konkretisierung, wann ein »begründetes Verdachtsmoment« für die Annahme eines Rechtsverstoßes vorlag, Rechnung getragen werden. (…)« Foto: © vegefox.com/stock.adobe.com Ergänzende Informationen Stellungnahme der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände, BDA zum neuen Whistleblower-Gesetz »Nach der Intention des EU-Gesetzgebers müssen Personen, die einen Rechtsverstoß befürchten, darauf vertrauen können, dass sie diese Befürchtung ohne Repressalien äußern können. … Viele Unternehmen stellen ihren Mitarbeitern bereits heute Möglichkeiten zur innerbetrieblichen Meldung von Missständen zur Verfügung. (…) Eine Umsetzung der Beweislastregelung könnte sich nach Auffassung der BDA zum Nachteil des Arbeitgebers auf Kündigungsschutzverfahren auswirken. In ihrer Stellungnahme heißt es dazu: »Erhält ein Arbeitnehmer Kenntnis davon, dass eine Beendigung seines Arbeitsverhältnisses ansteht oder erwogen wird, besteht die Gefahr, dass er noch vor Ausspruch der Kündigung einen Umstand … meldet und sich dann im arbeitsgerichtlichen Verfahren darauf beruft, die Kündigung sei nur aufgrund der Meldung erfolgt. Der Arbeitgeber müsste dann darlegen, dass dem nicht so ist. Der Beweis dieser negativen Tatsache wird in den meisten Fällen kaum oder nur erschwert möglich sein.« Autor +49 211 4573267 Prof. Dr. jur. Bernd Schiefer Geschäftsführer unternehmer nrw, Düsseldorf RA/FA für Arbeitsrecht | Schiefer Rechtsanwälte Düsseldorf | Professor für Arbeitsrecht an der Hochschule Fresenius, Köln Langjährig berät und vertritt Bernd Schiefer, Professor an der Fresenius-Hochschule, Unternehmen als Rechtsanwalt sowie als Verbandsgeschäftsführer arbeitsrechtlich. 55

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