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WERKWANDEL 2_2024

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Das Arbeitsweltmagazin

WERKWANDEL 02/2024 Vordenker Wärmepumpen. Politik kann sich diesen Weg ja wünschen. Sie muss dann aber auch für die Infrastruktur sorgen. Was nützt mir eine Wallbox an der Wand, wenn ich keine dafür ausreichende Leitung habe und mein Energieversorger die benötigte Energie nicht liefern kann? Deshalb warten viele ab, ob sie auf E-Autos oder Wärmepumpen umsteigen. ZITIERT — STROMMANGEL IN ORANIENBURG Märkische Allgemeine (25. April 2024): »Die Stadtwerke Oranienburg haben die Bundesnetzagentur darüber informiert, dass … keine ausreichende Leistung für die wachsende Stadt Oranienburg zur Verfügung gestellt werden kann. Das hat gravierende Folgen für den Anschluss von Wärmepumpen und für die Neuansiedlung von Gewerbe und Industrie.« Ein Hemmnis stellen politische Technologievorgaben dar. Eine historisch einmalige Verbotspolitik verhindert zukunftsweisende Innovation. Oliver Barta, Hauptgeschäftsführer SÜDWESTMETALL Ein weiterer Punkt sind die bereits angesprochenen hohen Energiekosten. Die Fahrt mit einem E-Auto ist oftmals deutlich teurer als die mit einem sparsamen Diesel. Unsere Autohersteller stecken in einem Dilemma, weil sie einerseits viel in die Entwicklung von E-Autos investieren müssen, die der Markt ihnen nicht abnimmt. Sie müssen andererseits weiter Verbrenner produzieren, um ihre Umsätze und Erträge zu halten. Politik gibt uns Ziele vor, wir richten uns danach aus, aber der Markt folgt dem nicht. Bayerns Ministerpräsident forderte jüngst die Rücknahme des Verbrenner-Verbots ab 2035. Wie stehen Sie dazu? Ich verweise auf die Faktenbasis: Im Jahr 2026 wird ein Review stattfinden, wie gut wir mit E-Mobilität unterwegs sind und ob der Termin 2035 zu halten ist. Wenn wir bei der Infrastruktur und den Energiepreisen noch so dastehen wie heute, halte ich es nicht für realistisch, dass wir ab 2035 alle E-mobil sind. Ich betone, dass es auch aus Sicht der Arbeitgeberverbände zur Dekarbonisierung keine Alternative gibt. Aber ich wünsche mir Technologieoffenheit auf dem Weg dahin. Baden-württembergische Unternehmen leiden unter Produktionsrückgängen. Am stärksten betroffen ist der Fahrzeugbau. Grafik: SÜDWESTMETALL 14

WERKWANDEL 02/2024 Vordenker Zeiss Oberkochen: In gigantischen Vakuumkammern mit einem Durchmesser von fünf Metern werden hochpräzise Spiegel für die High-NA-EUV-Technologie vermessen — ein Verfahren für die Chip-Produktion. | Foto: ZEISS Semiconductor Manufacturing Technology (SMT) China fordert die deutsche und damit auch die baden-württembergische Industrie mit billigen E-Autos heraus. Manche behaupten sogar, die Chinesen seien uns bei E-Fahrzeugen technologisch weit voraus. Wie stellt sich unsere Industrie diesem Wettbewerb? Als in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts der Toyota Corolla auf den Markt kam, wurde dieser belächelt. Heute ist Toyota der weltgrößte Autohersteller und hoch innovativ. Ein wenig Demut darf man also haben. Ich glaube aber nicht, dass die chinesische Industrie uns bei E-Autos weit überlegen ist. Sie bringt aktuell Fahrzeuge bei uns auf den Markt, die zu viel geringeren Arbeitskosten produziert sind. Chinesische Unternehmen haben auch niedrigere Umfeldkosten — zum Beispiel bei den Energiepreisen — und trotzdem sind auch die chinesischen E-Autos im Vergleich zu Verbrennern noch nicht wirklich günstig. Bei den Arbeitskosten haben wir uns — zumal in unserem Tarifgebiet — immer weit oben bewegt, waren damit international also nie wettbewerbsfähig. Das durchschnittliche Arbeitsentgelt unserer M+E-Industrie bewegt sich auf 75 000 Euro zu. Wir haben das mit einer hervorragenden Produktivität durch exzellente Produktionssysteme immer ausgleichen können. Zudem haben wir stets Produkte hergestellt, die nicht als Commodity leicht kopierbar waren. Dadurch erzielen wir eine hohe Wertschöpfung und können uns deshalb für gute Facharbeit hervorragende Löhne leisten. Das darf uns durch ungünstige Umfeldbedingungen jetzt nicht verlorengehen. Die Vorschriftenkulisse nimmt aber ständig zu. Von »One-in-one-out« sind wir weit entfernt! Und europäische Regulierungen addieren sich noch dazu. Um die von Ihnen beklagte Bürokratie einzudämmen, wurde der Normenkontrollrat 2006 gegründet … Der Normenkontrollrat ist ein zahnloser Tiger. Er hat keine Sanktionsmittel in der Hand, die ausge uferte Bürokratie einzudämmen. Seit 2016 sind die Auslandsinvestitionen in Deutschland um 25 Prozent zurückgegangen. Wir erleben Null-Wachstum nach einer Rezession. Volkstümlich ausgedrückt leben unsere Unternehmen derzeit vom Sparbuch. Immer wieder erreichen uns Nachrichten, dass Unternehmen Personalanpassungen vornehmen. Das wird wegen der Demografie in den Arbeitsmarktstatistiken derzeit nicht auffällig. Dennoch verlieren wir Arbeitsplätze. Der Fokus 15

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