WERKWANDEL 02/2025 Wissenschaft direktHenrik Jacobsen | Foto: privatInterviewpartnerHendrik Jacobsen, Master of Science, Information Systemsand Operations Management, ist Produktmanager für IndustrialData Services bei der Schwäbische WerkzeugmaschinenGmbH (SW). SW ist Hersteller von ein- und mehrspindligenBearbeitungszentren sowie Fertigungslösungen inklusiveAutomation. Das digitale Portfolio von SW umfasst Anwendungenzur Maschinendatenanalyse in der Cloud, zurWerkstückrückverfolgbarkeit entlang der Fertigung oderMaterialflusssimulation. Zusätzlich pflegt SW engen Kontaktmit verschiedenen Forschungseinrichtungen und Technologiepartnern,um die Leistungsfähigkeit von Maschinen undAnlagen mithilfe von Daten stets weiterzuentwickeln.Können Sie uns ein Beispiel dafür nennen, wie IhnenCausal AI geholfen hat, Schwachstellen in der Fertigungzu finden? Causal AI findet Anwendung in unterschiedlichstenBranchen — zum Beispiel bei derUntersuchung der Nebenwirkungen von Medikamenten.Kausale KI hat inzwischen aber auchden Weg in die Fertigung gefunden. Gemeinsammit einem langjährigen SW-Kunden aus demAutomobilsektor haben wir eine Produktionslinieuntersucht, auf der in den vergangenen Jahrenbereits mehr als eine Million Werkstücke bearbeitetworden sind. Neben mehreren SW-Maschinenkommen dort noch weitere Drittmaschinen zumEinsatz — beispielsweise für Reinigungs- undPrüfschritte. Dank unseres digitalen Portfolioskonnten wir hier auf umfangreiche Fertigungsinformationenzurückgreifen: Produktionsdatenvon den Maschinen selbst, aber vor allem auchProzessparameter über jedes Werkstück ausunserer Traceability-Software.Nach der Datenaufbereitung setzten wir dieAlgorithmen darauf an, potenzielle Ursachendafür zu suchen, wieso Werkstücke dieser Anlagedie Qualitätsprüfung nicht bestehen — sie alsonachbearbeitet werden müssen, oder direkt Ausschusssind.Die Ergebnisse waren verblüffend: So zeigtesich etwa, dass das Prüfergebnis maßgeblich vonder Werkstücktemperatur nach dem Waschvorgangbeeinflusst wird und dass möglichst wenigWartezeit zwischen diesen Schritten liegen sollte.Diesen Verdacht hatten wir bereits zuvor — nunkonnte er mit konkreten Zahlen belegt werden. Wirwussten jetzt, wie viele Teile davon betroffen warenund welche Temperaturbereiche kritisch sind.Zudem fielen deutliche Qualitätsunterschiedein den Gussnestern der zugelieferten Rohteileauf — ein Einflussfaktor, der sich aufgrund derAnlagenkomplexität zuvor nur schwer prüfen ließund auch nicht durchweg in allen Prozessschrittenersichtlich war.Wo lohnt sich Causal AI? Und was empfehlen SieInteressierten für den Einstieg? Den größten Hebelhaben Causal-Discovery-Algorithmen bei Anlagenmit hoher Komplexität beziehungsweisehoher Fehlerrate. Mithilfe dieser Technologiekönnen wir auf Einzelstückbasis bewerten, wieviele Werkstücke von einem bestimmten Eingriffprofitieren würden. Und anschließend könnenwir live nachverfolgen, wie sich die Fehlerrateverändert. Die Einsparungen hängen logischerweisedavon ab, wie »wertvoll« ein Teil ist oderwie hoch die Stückzahlen sind. Produktionsverantwortlichewissen genau, welche Kosten mitNacharbeit oder Ausschuss einhergehen — insofernlassen sich Erfolge auch ganz konkret undmonetär beziffern.Ich empfehle Interessierten, sich intensiv mitCausal AI zu beschäftigen und Einsatzmöglichkeitenzu evaluieren. Eine prozessnahe und gut strukturierteDatenbasis ist die einzige Voraussetzung,um selbst auf Ursachenforschung zu gehen!Autoren+49 211 542263-27+49 211 542263-31Dipl.-Arb.-Wiss. Veit Hartmann M. A.Wissenschaftlicher MitarbeiterFachbereich Arbeitszeit und Vergütungifaa — Institut für angewandteArbeitswissenschaft e. V.Causal AI bietet für Veit Hartmann großePotenziale zur Fertigungsoptimierung.Dr. phil. Catharina StahnWissenschaftliche MitarbeiterinFachbereich Arbeits- und Leistungsfähigkeitifaa — Institut für angewandteArbeitswissenschaft e. V.Catharina Stahn glaubt, dass Kausale KIzur Fehlerursachenerkennung hohe Kostensparen kann.32
WERKWANDEL 02/2025Wissenschaft direktProjekt ProTeam stärkt die EU-weite ZusammenarbeitPrototypische Entwicklung bei der Sennheiser Group und weitere UnternehmenFoto: © tunedin/stock.adobe.com33
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