WERKWANDEL 03/2022 Arbeitswelt gestalten Aufgaben und Produkte des Arbeitsprogramms »Psyche« Seit Jahren gewinnt das Thema psychische Gesundheit an Bedeutung. Gut gestaltete Arbeit wirkt protektiv. Daher sind Maßnahmen der menschengerechten Arbeitsgestaltung und der Ressourcenstärkung sinnvoll. Denn sie unterstützen einen effektiven Arbeits- und Gesundheitsschutz. Dort gut aufgestellte Unternehmen leisten daher einen Beitrag zur Gesunderhaltung der Beschäftigten. Aufsichtspersonen der GDA Träger wurden und werden qualifiziert, Unternehmen zur Berücksichtigung psychischer Belastung bei der Gefährdungsbeurteilung zu überwachen und zu beraten. Um Unternehmen zu befähigen, das Thema »Psychische Belastung« im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung adäquat zu behandeln, wurde bereits in der vergangenen GDA-Periode eine entsprechende Broschüre erstellt. Die seit 2014 in der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) entwickelten »Empfehlungen zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung« stellen laut GDA eine Referenz für die betriebliche Arbeitsschutzpraxis dar und werden branchenübergreifend genutzt. Sie sorgen für ein gemeinsames Verständnis über Begriffe und Konzepte und helfen damit, den Dialog im Betrieb zu versachlichen. Eine wesentlich überarbeitete Fassung der Broschüre »Berücksichtigung psychischer Belastung in der Gefährdungsbeurteilung. Empfehlungen zur Umsetzung in der betrieblichen Praxis« ist ab sofort unter www.gda-portal.de abrufbar. In der jetzt vorliegenden vierten Auflage werden nun auch Gestaltungsziele zum Schutz vor Gefährdungen durch psychische Belastung benannt. Auch diese sind den folgenden Merkmalsbereichen zugeordnet: ›› Arbeitsinhalt/-aufgabe ■■ Arbeitsaufgaben sind zum Beispiel gut gestaltet, wenn sie von den Beschäftigten als ein bedeutsamer Beitrag zum Arbeitssystem erkannt und verstanden werden können. ›› Arbeitsorganisation ■■ Arbeitsabläufe sind zum Beispiel gut gestaltet, wenn Beschäftigte klar definierte Aufgaben, Kompetenzen (im Sinne von Berechtigungen, Befugnissen) und Zuständigkeiten haben. ›› Arbeitszeit ■■ Arbeitszeit ist gut gestaltet, wenn zum Beispiel Arbeitszeiten, Pausen-, Ruhe- und Erholungszeiten für die Beschäftigten vorhersehbar und planbar sind. DIE BROSCHÜRE ENTHÄLT ›› Erläuterungen zur psychischen Belastung und Beanspruchung bei der Arbeit, ›› eine Auflistung der bei der Arbeit potenziell auftretenden Belastungsfaktoren (geclustert in Merkmalsbereiche), ›› kritische Ausprägungen in Form von Gefährdungen und › › praxisnahe Gestaltungsempfehlungen, um den Gefährdungen zu begegnen. ›› Soziale Beziehungen ■■ Soziale Beziehungen bei der Arbeit sind gut gestaltet, zum Beispiel, wenn Beschäftigte bei Bedarf durch Kollegen/innen oder Vorgesetzte unterstützt werden. ›› Arbeitsmittel ■■ Arbeitsmittel sind zum Beispiel gut gestaltet, wenn sie ergonomisch konstruiert sind beziehungsweise wenn sie nützlich, bedienbar und wirksam eingesetzt werden können. ›› Arbeitsumgebung ■■ Die Arbeitsumgebung ist zum Beispiel gut gestaltet, wenn Lärm und störende Geräusche am Arbeitsplatz so gering wie möglich gehalten werden. Dabei wurden einmal bestehende Vorschriften und Regeln des Arbeitsschutzes integriert und aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt. Diese basieren unter anderem auf der »Wissenschaftlichen Standortbestimmung Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt« der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA, www.baua.de). Es wurde darauf geachtet, Übereinstimmungen mit der GDA-Leitlinie »Gefährdungsbeurteilung und Dokumentation« zu erzielen. Dies hat den Vorteil, dass Aufsicht und Arbeitgeber ein ähnliches Verständnis erzielen können. Der Anhang enthält jetzt Hinweise auf Normen und Gestaltungsempfehlungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung und der BAuA, an denen sich die Anwender orientieren können. Autor +49 211 542263-33 Dr. rer. pol. Stephan Sandrock Leitung Fachbereich Arbeits- und Leistungsfähigkeit ifaa — Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e. V. Stephan Sandrock weiß, dass gut gestaltete Handlungshilfen zur psychischen Belastung den innerbetrieblichen Dialog versachlichen können. 58
WERKWANDEL 03/2022 Gelesen BUCHBESPRECHUNG VON FRANK LENNINGS Arbeit in globalen Lieferketten — Eine Herausforderung für die Arbeitswissenschaft Klaus J. Zink Hrsg. Bewertung Arbeit in globalen Lieferketten — Eine Herausforderung für die Arbeitswissenschaft 2022, vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich Softcover gebunden, 188 Seiten; als E-Book verfügbar ISBN 978-3-7281-4127-9, 46,00 Euro Link zum Buch → Der Inhalt Die Autoren beschreiben in jeweils einem Kapitel die Arbeitsbedingungen in globalen Lieferketten, deren potenzielle Ursachen, Veränderungen gesellschaftlicher und rechtlicher Rahmenbedingungen, bisherige Akteure mit arbeitswissenschaftlichen Intentionen sowie die Rolle der Arbeitswissenschaft in globalen Lieferketten. Zu den in Kapitel 1 dargestellten aktuellen Arbeitsbedingungen zählt unter anderem, dass die gesetzlichen Mindestlöhne für Beschäftigte der Textilindustrie in vielen Ländern nur 20 Prozent bis 45 Prozent der nach dem AFW-Ansatz (Asian Floor Wage) erforderlichen Existenzlöhne betragen und zudem moderne Sklaverei, Kinderarbeit, menschenunwürdige, gesundheitsschädliche sowie lebensbedrohliche Arbeitsbedingungen nach wie vor präsent sind. Im Kapitel gibt es zudem einen Exkurs zu neuen Lieferketten im digitalen Wandel. In Kapitel 2 werden potenzielle Ursachen und Hintergründe hierfür erläutert. Dies sind unter anderem Auftraggeber, die ihre Produktionskosten senken wollen, sowie Entwicklungs- und Schwellenländer, die auf Arbeitsplätze und Technologietransfer hoffen und deshalb Maßnahmen zur Förderung ausländischer Direktinvestitionen und Exporte umsetzen, beispielsweise in Form sogenannter Export Processing Zones. In Kapitel 3 gehen die Autoren auf die zunehmende öffentliche und politische Aufmerksamkeit für globale Lieferketten ein. Sie stellen internationale, europäische und nationale Initiativen und Ansätze zur Verbesserung vor. Sie beschreiben auch neue Rechts- und Anspruchskonstellationen, die beispielsweise eine Zivilklage Überlebender und Hinterbliebener nach dem Brand der Ali-Enterprises-Fabrik in Karatschi gegen KiK vor dem Landgericht Dortmund nach pakistanischem Recht ermöglicht haben. Als Akteure mit arbeitswissenschaftlichen Intentionen im Feld globaler Lieferketten stellen die Autoren in Kapitel 4 unter anderem die International Labour Association (ILO), UN Global Compact und Fairwork sowie deren Prinzipien und Initiativen vor. In Kapitel 5 beschreiben die Autoren mögliche Ansätze und Instrumente zur Erweiterung des Tätigkeitsfeldes der Arbeitswissenschaft auf internationale Beschaffungsketten. Was ist die Intention der Autoren? Die Autoren möchten die Leser für aktuelle Arbeitsbedingungen in globalen Lieferketten und Aktivitäten zu deren Verbesserung informieren sowie für das Thema sensibilisieren. Im Fokus stehen die Möglichkeiten der Arbeitswissenschaft, zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen beizutragen sowie dafür erforderliche Voraussetzungen und Ansätze. Arbeitswissenschaft oder auch Ergonomie müssten zu einem Managementthema werden, das Mikro- und Makroergonomie berücksichtigt und Verantwortlichen in den Unternehmen hilft, die Anforderungen von Corporate Social Responsibility (CSR) und Nachhaltigkeit zu erfüllen. Unter anderem sollen Beschaffungsabteilungen als Zielgruppe zur Integration arbeitswissenschaftlicher Aspekte in der Beurteilung von Lieferketten angesprochen und befähigt werden. Ergänzend stellen die Autoren Ansätze unterstützender modularer arbeitswissenschaftlicher Curricula mit neuen optionalen 59
WERK Zeitschrift für angewandte Ar
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