WERKWANDEL 03/2022 Der O-Ton MYTHOS VIER-TAGE-WOCHE (K)EIN MODELL FÜR ALLE FÄLLE?! Die mediale Diskussion um die Vier-Tage-Woche nimmt kein Ende. Allerdings sind diese Diskussionen mit Vorsicht zu genießen. Denn vier Arbeitstage pro Woche müssen nicht unbedingt auch weniger Arbeitszeit bedeuten. Unter dem Begriff »Vier-Tage-Woche« können verschiedene Arbeitszeitmodelle zusammengefasst werden. So kann bei einigen dieser Modelle die bisherige wöchentliche Arbeitszeit nicht auf fünf, sondern lediglich auf vier Tage verteilt werden. Oder aber die wöchentliche Arbeitszeit wird entsprechend verkürzt, sodass in der Woche ein Tag weniger gearbeitet wird. Die Möglichkeiten 1. Die Beschäftigten reduzieren ihre wöchentliche Arbeitszeit und arbeiten nur 4 Tage in der Woche (zum Beispiel statt 40 Stunden nur 32 Stunden) und verzichten auf einen entsprechenden Anteil ihres Entgelts. 2. Eine Vier-Tage-Woche lässt sich auch bei unveränderter wöchentlicher Arbeitszeit realisieren. So wird beispielweise aus einer Fünf-Tage-Woche eine Vier-Tage-Woche mit einer erhöhten täglichen Arbeitszeit. 3. Die Beschäftigten arbeiten statt 40 Stunden beispielsweise nur noch 32 Stunden und das bei unverändertem Entgelt (Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohnausgleich). Im Unternehmen ist also zu klären, was im Rahmen einer Vier-Tage-Woche geregelt werden soll: Arbeitszeitverkürzung mit oder ohne Lohnausgleich, Verteilung der Arbeitszeit auf wie viele und welche Wochentage sowie ob (gegebenenfalls wo) durchgängig im Rahmen der arbeitsorganisatorischen Anforderungen eine Vier-Tage-Woche möglich ist. Produktivität & Mitarbeiterzufriedenheit Vier-Tage-Woche = verbessere Work-Life-Balance und höhere Produktivität? Bei der Vier-Tage-Woche geht dem Betrieb ein Arbeitstag verloren — und damit auch grundsätzlich Performance. Die Beschäftigten haben nun einen Tag mehr frei. Die Produktivitätsverbesserung müsste enorm sein, um diesen Ausfall auszugleichen. Es ist also zu erwarten, dass die verbleibenden Arbeitstage eher länger sind als vorher. Insofern stellt sich die Frage, ob die Beschäftigten bei einer Vier-Tage-Woche mehr Zeit für Familie, Pflege, Hobbys, Weiterbildung oder zum Beispiel ehrenamtliches Engagement haben. Eine Vier-Tage-Woche verspricht somit nicht zwangsläufig mehr Produktivität, Arbeitszeitsouveränität und Flexibilität und passt auch nicht in jede Lebensphase. ANNAHME VERSUS REALITÄT: DAS »ENGLISCHE MODELL« Eine kürzere Arbeitswoche mit gleichbleibendem Arbeitszeitvolumen und gleichbleibender Produktivität (100:80:100, also 100 Prozent Entgelt für 80 Prozent der bisher gearbeiteten Arbeitszeit und dennoch 100 Prozent Produktivität) kann unter Umständen zu mehr Stress und zusätzlicher Belastung im Beruf und Privatleben führen. Die aktuelle Studienlage und deren Ergebnisse basieren auf einer Vier-Tage-Woche mit verkürzter wöchentlicher Arbeitszeit und thematisieren die Anforderungen, Auswirkungen bei gleichbleibender wöchentlicher Arbeitszeit und 10-Stunden-Tag nicht. Zudem sind die individuellen Lebensumstände sehr unterschiedlich. Für die einen passen vier längere Arbeitstage und ein drei-Tage-Wochenende gut. Für die anderen nicht. Es ist wissenschaftlich nicht erforscht, ob der zusätzliche arbeitsfreie Tag die längeren Arbeitstage ausgleichen kann. 70
WERKWANDEL 03/2022 Arbeitswelt vor Ort Hier ist zu klären, ob der zusätzliche freie Tag tatsächlich die Gesundheit und Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben fördert, oder ob dies eher eine rein subjektive Wahrnehmung der Beschäftigten ist. Die Vier-Tage-Woche ist (k)ein Modell für alle Betriebe Eine flächendeckende Vier-Tage-Woche nach »denselben Spielregeln« ist in naher Zukunft unwahrscheinlich. Zum einen müssen Betriebe vieler Bereiche und Branchen ihre Kunden an sieben Tagen in der Woche just-in-Time beliefern und versorgen. Und insbesondere im Gesundheitsmanagement benötigen Patienten und Patientinnen rund um die Uhr Betreuung. Zum anderen steht häufig qualifiziertes Personal schon heute nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung, sodass in vielen Branchen nicht nur von einem Fachkräfte-, sondern bereits von einem Arbeitskräftemangel gesprochen wird. Für den Einzelfall muss also geklärt werden, ob im Rahmen der arbeitsorganisatorischen Anforderungen eine Vier-Tage-Woche überhaupt möglich ist und welche Arbeitsaufgaben und Arbeitsprozesse davon betroffen sind. Autor Dipl.-Päd. Sven Hille Leitung Fachbereich Arbeitszeit und Vergütung ifaa — Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e. V. +49 211/542263-34 Sven Hille glaubt nicht, dass sich die Vier-Tage-Woche auf breiter Front durchsetzen wird. BEDARFSGERECHTE ARBEITSZEITSYSTEME IN DER PRAXIS — RESERVEPLANUNG Umgang mit Ausfallzeiten der Beschäftigten in Schichtplänen Reserve richtig geplant In dieser Broschüre werden entsprechende Möglichkeiten aufgezeigt, wie mit bereichsinternen Maßnahmen, zum Beispiel durch Bildung übergroßer Gruppen oder die Einbringung von Reserveschichten aber auch externen Maßnahmen, die Nutzung von Zeitarbeit oder Springerpools, Reserveplanungen durchgeführt werden können. Das Ziel: Verfügbare Mitarbeiter auf Basis der tatsächlichen Bedarfssituation bestmöglich so zu disponieren, sodass Personalkosten und Produktivität des Unternehmens entsprechend Berücksichtigung finden. 05.03.19 21:32 Kostenloser Download unter: https://www.arbeitswissenschaft.net/angeboteprodukte/ broschueren/azvbroreserveplanung Herausgeber: ifaa — Institut für ange wandte Arbeitswissenschaft e. V. // Prof. Dr.Ing. habil. Sascha Stowasser Uerdinger Straße 56, 40474 Düsseldorf // Telefon: +49 211 5422 630 // Telefax: +49 211 54 22 6337 EMail: info@ifaamail.de // 71 www.arbeitswissenschaft.net
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