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WERKWANDEL Sonderausgabe Entgelt und Benefits 2024

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Diese Ausgabe widmet sich gesondert dem dauerhaft wichtigen Thema. Lesen Sie aktuelles aus der Wissenschaft und Praxis in Verbänden und Unternehmen

WERKWANDEL Sonderausgabe 09/2024 Arbeitsrecht Angaben in der Stellenausschreibung und damit vor dem Vorstellungsgespräch über das Einstiegsentgelt beziehungsweise die Entgeltspanne der ausgeschriebenen Stelle informieren; das vorherige Entgelt darf dabei nicht abgefragt werden. Weiterhin sind Unternehmen schon ab einer Größe von mehr als 250 Beschäftigten verpflichtet, jährlich — kleinere Unternehmen (zeitlich gestaffelt) alle drei Jahre — Daten zum geschlechtsspezifischen Entgeltgefälle bereitzustellen. Bei einer Entgeltdifferenz von mehr als fünf Prozent sind Maßnahmen in Form einer gemeinsamen Entgeltbewertung mit den Beschäftigtenvertretungen zu ergreifen. Der Auskunftsanspruch gilt nun betriebsgrößenunabhängig für alle Beschäftigten (Art. 7) und geht damit über das deutsche Entgelttransparenzgesetz, das Ausnahmen für Kleinbetriebe ermöglichte, hinaus (Tabelle). Für die Zukunft sind nun auch Schadenersatzansprüche verankert (Art. 16), wobei die Mitgliedsstaaten Sanktionen bei Pflichtverletzungen regeln (Art. 23) müssen. Damit greift die Entgelttransparenz-Richtlinie wesentliche Handlungsempfehlungen aus den Gleichstellungsberichten der Bundesregierung auf. Wie diese Maßnahmen konkret ausgestaltet werden, ist Sache der deutschen Gesetzgebung. Deutschland hat bis Juni 2026 Zeit, die Vorschriften in nationales Recht umzusetzen und das 2017 in Kraft getretenen Entgelttransparenzgesetz entsprechend zu überarbeiten (siehe Zeitachse). Fazit und Empfehlung Es ist schon jetzt festzustellen, dass die Regelungen weit über die des Entgelttransparenzgesetzes hinausgehen und vor allem KMU bürokratisch weiter belasten. Insbesondere die geplante Abschaffung der Erleichterungen für tarifgebundene Unternehmen ist kritisch zu betrachten. Ob weitere Regularien die Lösung für entsprechende Herausforderungen bei der Entgeltgestaltung sind, bleibt fraglich. Denn der Unterschied in der Entgelthöhe ist maßgeblich damit zu erklären, dass sich Zeiten der Erwerbsunterbrechung, zum Beispiel durch die Erziehung von Kindern oder der Pflege von Angehörigen, die Wahl des Arbeitsverhältnisses (Vollzeit/Teilzeit) und die Wahl des Berufs an sich besonders auswirken. Entgelttransparenzgesetz Prüfverfahren Freiwillige Durchführung von Prüfverfahren in Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten. Entgelttransparenz-Richtlinie In Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten: Verpflichtende Durchführung einer gemeinsamen Entgeltbewertung von Arbeitnehmervertretern & Arbeitgebern bei einem nicht zu rechtfertigenden Entgeltunterschied von 5 % und darüber. Berichtspflicht Berichtspflicht für Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten mit dreijährlichem Berichtszeitraum und fünfjährlichem Berichtszeitraum für tarifgebundene & tarifanwendende Unternehmen. Jährliche Berichterstattung für Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten und dreijährliche Berichterstattung für Unternehmen mit 150-249 Beschäftigten ab dem Jahr 2027. Dreijährliche Berichterstattung für Unternehmen mit 100–149 Beschäftigten ab dem Jahr 2031. Keine Ausnahmeregelungen für tarifgebundene Unternehmen. Geltungsbereich Es gelten Ausnahmen für KMU bei der Anwendung von Transparenzinstrumenten sowie eine Angemessenheitsvermutung für tarifvertragliche Entgeltsysteme. Regelungen gelten für alle Arbeitgeber und Beschäftigten im öffentlichen & privaten Sektor sowie für alle Stellenbewerber. Keine Ausnahmen für tarifgebundene oder tarifanwendende Unternehmen. Transparenz vor der Beschäftigung Keine Regelungen. Informationspflicht durch den Arbeitgeber (Entgelttransparenz) bereits vor der Beschäftigung in der Stellenausschreibung bzw. vor dem Vorstellungsgespräch über das Einstiegsentgelt bzw. dessen Spanne. Auskunftsanspruch Auskunftsanspruch besteht für Beschäftigte in Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten. Erleichterungen bei der Auskunftserteilung für tarifgebundene & tarifanwendende Unternehmen. Auskunftsanspruch besteht unabhängig von der Unternehmensgröße. Auskunftsanspruch besteht bereits bei einem anderen Beschäftigten bei gleichzeitigem Wegfall der Vergleichsgruppe von mind. 6 Beschäftigten des anderen Geschlechts. Tabelle: Wesentliche Regelungen des EntgTransG und der EU-Entgelttransparenz-Richtlinie im Vergleich (Auszug) 52

WERKWANDEL Sonderausgabe 09/2024 Arbeitsrecht 2031 Beginn der Berichtspflicht für Unternehmen ab 100 Beschäftigten . . . 2027 Beginn der Berichtspflicht für Unternehmen ab 150 Beschäftigten Inkrafttreten der nationalen Regelungen am 7.6.2026 2026 2025 2024 Beginn des deutschen Gesetzgebungsverfahrens Inkrafttreten der Entgelttransparenz-RL 2023 Geplante Zeitachse des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSJ) zur Umsetzung der EU-Entgelttransparenzrichtlinie Weiterführende Informationen Richtlinie (EU) 2023/970 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 10. Mai 2023 zur Stärkung der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durch Entgelttransparenz und Durchsetzungsmechanismen, Amtsblatt der Europäischen Union, L 132/21 Gesetz zur Förderung der Entgelttransparenz zwischen Frauen und Männern (Entgelttransparenzgesetz — EntgTranspG), vom 30. Juni 2017 (BGBl. I S. 2152) Dritter Gleichstellungsbericht (2021): »Digitalisierung geschlechtergerecht gestalten« Zweiter Gleichstellungsbericht (2017): »Erwerbs- und Sorgearbeit gemeinsam neu gestalten« Erster Gleichstellungsbericht (2011): »Neue Wege — Gleiche Chancen. Gleichstellung von Frauen und Männern im Lebensverlauf« Der Unterschied in der Vergütung ist keine Frage der Entgeltgleichheit, sondern eher eine der Chancengleichheit. Eine mögliche Lösung besteht darin, auf politischer Ebene verbesserte Rahmenbedingungen (zum Beispiel Kinderbetreuung, flexible Arbeitszeiten und -orte oder Ähnliches) zu schaffen, um nachhaltige Veränderungen voranzutreiben. Autor Dipl.-Päd. Sven Hille Leitung Fachbereich Arbeitszeit und Vergütung ifaa — Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e. V. Telefon: +49 211 542263-34 E-Mail: s.hille@ifaa-mail.de www.arbeitswissenschaft.net Sven Hille glaubt, dass die Umsetzung der EU-Richtlinie vor allem für KMU mehr Bürokratie bringen wird. 53

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